Finnland

Auf dieser Seite finden Sie das  Poem “Finnland” aus dem Jahre 1808

Das Faksimile des Erstdrucks, zusammen mit der Übertragung des Poems in die damaligen Sprachen Wiburgs (Finnisch, Schwedisch und Russisch) und einigen Aufsätzen finden Sie auf den Seiten der Aue-Stiftung.

Bei Gelegenheit des öffentlichen Examens der Kreisschulen zu Wiburg und Kexholm im Juli 1808, St. Petersburg o. J. [1808], 23 S.

Ein anonymer Rezensent schrieb 1808 in der Oktober-Nummer von Ruthenia:

“Wäre der Verfasser, der sich übrigens selbst in diesen Blättern schon auf das rühmlichste gezeigt hat, auch noch ganz unbekannt; er würde sich durch diese einzige Arbeit als einen neuen Genius der Poesie und Beredsamkeit ankündigen. Mit wahrhaft genialischem Schwunge erhebt sich der Flug seiner Phantasie in Finnlands Gefilden; immer sinnend und malend, alles mit den stärksten Gefühlen ergreifend, was ein dichterischer Geist in einer Landschaft malenden Poesie nur aufzufassen und darzustellen im Stande ist. Wie ein Waldstrom, jetzt stürmend, und wiederum bald angenehm rieselnd, sich dahin ergießt; so fließt der Strom seiner Rede. Uns dünkt, der Verfasser verdient nicht nur Achtung und Bewunderung, sondern auch schon deshalb die Krone, da er der erste ist, welcher zeigt, wie auch Finnland poetisch-erhaben besungen werden könnte.”

Finnland

Proteus wohnet noch hier, der graulichte Meergott! –
Diesen gebührt dir mit Banden zu fesseln, – Flehend sein Herz  nicht
Beugst du; – im Schlaf den liegenden fall an und zwing ihn, gewaltig
Fesselnd, daß er die Lippe dir öffne voll glücklicher Zukunft.

Flieh’, o Muse dies Land! Nicht Kokosinseln des Südmeers
   Duften dir hier! wild klagt tosender Brandung Geheul,
Trauergesang heimgirren verirrte weitkehlige Vöglein,
   Und es drehet der Nord selber die Wimpel dir um.
Warnen dich nimmer die donnernden Wellen rückschlagend den Schiffbauch
   Und das polarische Eis und die erebische höllisch, schaurig Nacht?
Hörst Du der Eulen Geschrei und das Grunzen der Moore, das Schnarchen
   Rasselnder Stürme im Forst, Zaubrer mit Trommelgroll
Und das Gebrüll des neunfach stygisch unterweltlich, schauerlich umkerkerten Wooxstroms Der Fluss Vuoksi entspringt dem Saimaa-See und mündet in den Ladoga-See?
   Siehe, der Sonnball flammt wolkig und höhnend herab
Auf Deukalions Deukalion, Sohn des Prometheus. Wegen der Verderbtheit der Menschen beschloss Zeus, das Eherne Zeitalter (antike Bezeichnung der Bronzezeit) mit einer großen Flut zu beenden (die Deukalische Flut) Kiesel für harte Geschlechter gestreut rings
   Und in der Oede allein wandelt das fühlende Herz! –    Nein doch! der Hügel vergoldetes Moos, die Flocken des Nordlichts,
Wälzende Sterne der Höhe, die trunkenen Vöglein am Schiffbord
Und aufbrausend der Sund schon riefen willkommen im Beltmeer,
Und es glänzet mein Auge, mir glühet das Herz wie das Ostroth,
Denn mit Mamura gekränzt und honigathmender Haide
Reicht mir die maserne Harf’, in der Mondnacht tönend wie Quellfall
Wäinämöinen Väinämöinen ist ein mythischer Held aus der finnischen Mythologie und die Hauptfigur im finnischen Nationalepos Kalevala der Greis! Sie tönet, – es fliehen die Nebel,
und rings jubeln die Felsen, das todte Gefilde im Brautschmuck.  Sind ja die Tannen schon selbst der Traurigkeit finsteres Sinnbild,
   hüllend in Nadeln den Pfad. welchen die Baare durchschwankt!
Fliehe! schon strauchelt dein Fuß ins mitternachtschwärzliche Waldthal.
   Schlingkraut fesselt den Tritt, borstges Wacholdergesträuch.
Katzenköpfige Uhu’s, das gakernd aufpurrende Sumpfhuhn
   Und der Nadeln Gezisch klagen im traurigen Hain.
Dürr, einbeinig und rissig mit starraufsträubenden Haare
   Gähnen, wie Geister der Nacht, Bäume mit finsterem Spalt.
Schuppig und laublos, voll augiger Knorren und bärtiger Warzen,
   Streckt sich, entwurzelt vom Sturm, hin der gigantische Baum
Über des Waldpfads Windung durchschlängelt vom kothigen Moorbach,
   Und aus dem fauligen Ast gähret der giftige Schwamm! –
Welkabhangende Birken umsäumen die aschige Rödung;
   Noch schmaucht kohlig und schwarz düstre Verwüstung umher,
Sammelnd des Donners Geroll und reitzend die gräßlichen Blitze
   Niederzucken mit Tod in die erebische Nacht. –   Freund! mich entzücken die Söhne des Walds! auf röthlicher Felsbank
Dunkelt uralt der Sterblichen Schutz, hier ewiges Tanngrün.
Ueber die Väter schon hin, weit strecken die Aeste den Schatten,
Strebten zur Wolke hinan Pyramiden und trugen den Himmel.
Sieh, wild wallen im Sturm wohl und Fluten und wühlen die Wipfel,
Aber unten ist’s still, sanft knarren die Säulengewölbe
Harz ausduftend und sähen den Boden voll röthlichen Aepflein,
Fern ausschiffet der Theer, es schwanken die kräftigen Masten
Hin zu Britania’s Krieg im weiten unendlichen Weltmeer,
Und erquickend bestreun uns Nadeln die reinliche Hausflur.
Gern auch leihn flachwurzelnde Fichten den tönenden Boden
Fortepiano’s, auch Zweige zur Spreu, starkduftendes Kienöl
Und süßmarkigten Splint, gesammelt in hungrigen Monden,
Wimmelnd die Ameis thürmet – (sie siedet im ätzenden Gichtbad -)
Nadeln und harzige Körner in kegelförmigen Nestern,
Häufig zum Räuchern gesucht, auch Puppen, der Nachtigall Futter.
Dort auch gaukelt die Eller mit bräunlichgekräuselten Trauben,
Welche dem donnernden Pulver vermischt schwarzglänzenden Kohlstaub,
Aber die Birke mit Ruthenzweig und silbernem Stamme
Voll gelbstaubiger Zöpflein, der Asche der harzigen Väter,
Ueppig entkeimt, verträufelt ihr Oel zu schmeidigen Juften
Und zu scorbutischer Kranken Genesung labenden Birkwein.
Also auch reicht sie die lüsternen Quasten zum qualmenden Schwitzbad,
Wann dickbusige Dirnen auspeitschen die Lenden der Männer, –
Deckt die Dächer der Hütten mit langausdauernder Rinde,
Sammelt, verflochten zu künstlichen Körbchen, die blutige Waldbeer
Und legt schöpfende Kellen an jegliche Quelle des Heuthals,
Doch dich rühm’ ich vor allen an ihr, braunfleckige Maser,
Welche aus felsigem Kronburg in Ländern der Menschen berühmt weit
Bauet der Stuben Geräth, kunstreich schattiret vom Tischler! –
Aber die Rödung tadle ich nicht, mit stärkender Asche,
Welche dort himmelan strudelt mit Glut durchherrschend die Wipfel,
Weit einmantelnd das Feld und den Wald in qualmendes Nachtgraun,
Denn entsteiget verklärt der Phönix der Pflanzen dem Glutstaub
Milchichtes Korn; – dann bärtige Gerste und bauschiger Hafer,
Mäuseschwanzige Rüben und Drake’s blondknollige Erdfrucht.
Nieder dort strebet der Pflug mit doppelklauigen Zinken,
Und es malmet den Klos die Wucht unbändiger Walzen,
Und es gebietet der Mensch, – die Elemente entweichen,
Eins durchs andre bekämpft! hoch brauen die Wälder! der Donner
Sammelt die Glut, verzehrend mit Blitzen des giftigen Sumpfs Hauch.   Wohl! du denkest des Sumpfs! des Landes Nam’ ist Morastland,
   Und Jahrtausende qualmt schon schwarzschlammig der Moor,
Blätter und Nadeln und Aeste, verfault mit dem lastenden Schneeball,
   Hüllen in Schimmel ihn ein. Grundlos trügend und blind,
Lockt er mit tückischumtanzenden Irrlicht. Beeren kaum schmoren
   Da für der Vögelein Durst, welkabhängend am Strauch.
Nimmer entsauget die Sonne das Gift der grünlichen Lache,
   Nimmer auch wühlt ihn der Nord auf mit grimmigsten Sturm.
Ewig hier brütet das Chaos am Abend einschleiernd die Wälder
   In blau nebelndes Kleid. Tief aus dem rohrigen Phul
Gähren Verwesung ins Leben, und Keime der schwärzesten Krankheit.
   Zornig und rauhes Gebrumms schwärmet das Bremsengeschlecht;
Myriaden Aasmücken des Hornviehs bittere Luftpest
   Haucht er wie Wolken empor, röthlich verfinsternd den Tag;
Und vom Gebrüll der gepeinigten Heerden erbebet der Forst weit.
   Hier auch röchelt der Frosch ewig sein klagendes Lied,
Und tieftauchend aus fettiger Fäule der moosigen Wüste
   Wälzt sich, im eigenen Schleim, rings goldschuppig Gewürm,
Mancherlei Schlangengeschlecht, verknotend den fleckigen Giftbalg. –
   Weh, wenn müde am Strunk eines vermodernden Baums
Schlafend der Pflüger sich ausstreckt, bäumt es sich auf von der Eibrut,
   Züngelnd die Gabe des Schlunds, hin auf des Lebenden Puls.

Doch, dort wimmelt empor ja aus seidenem Grabe der Puppen
Froh buntfarbiges Leben! Horch, es summen verspätet
Bienlein, kreuzend im Mondlicht. Leis mit der Trommel am Bauche
Schrillet die Heuschreck, schnurret der Käfer, es surrt die PhaläneFalterart,
Und mit florenem Klappnetz ziehet der Lehrer der Kinder
Rund um den Moor; ihm folgen viel Hüte umflattert von Flüglein;
Aber er schüttelt vom Strauch Thautropfen und Blüten und Raupen,
Haarig und saftvoll, nährendem Glas heimtragend in Schachteln,
Oder er lauschet den Sylphen großäugig smaragden und schillernd,
Wo auf dem Wasser mit Schlittschufüssen langbeinige Mücken
Laufen und drehende Käfer hinschwimmen mit Blättern des Weidbaums.
Oft auch wiegt sich sein Aug, auf den Augen des bräunlichen Tagpfaus,
Zuckt mit den Sphinxen umher und scheuchet die wimmelnden Müller;
Oder es lokt ihn der Flügel Aurora’s, röthlich und meergrün,
Prächtig Apollo wohl auch, der goldne und fliegender Farben
Vielfach Geschlecht, umschwebend die blühenden Kelche voll Honig.
Blühen nicht auch ganz nahe die weithin duftenden Kräuter
Und schmerzstillende Wurzeln zum Nutzen der Menschengeschlechter,
Vom Apotheker gesucht, auch buntgemarmelte Schwämme,
Riezchen von allen und Morcheln, der Armuth spärliche Waldkost.
Zwischen isländischem Moos, vorschielt rothstrotzend die Erdbeer,
Preisel- und Schell- und Steinbeer, schwärzlich die Beere der Haide,
Und zum purpurnen Punsch zu Muss und allerlei Backwerk,
Wie auch zum Sommergetränk zitronensaftige Klukwa Moosbeere;
Aber vor allem Mamura, du Fennias moderner lateinischer Begriff für Finnland lieblichstes Waldkind
Mit pfirschfarbener Blüte, das früheste Blümchen im Chaos,
Die aus frohthauender Thräne entstand der goldnen Aurora,
Noch der Bescheidenheit Bild, still hinter dem moosigen Baumstrunk,
Oft im zärtlichen Busen erhitzet vom Staube der Rödung,
Aber auch oft von der Liebe gestreut auf des Namenstags Prunktisch.
O wer zählet sie auf, die Labung der siedenden Schnitter?
Zählet sie alle die Blüten der üppigkeimenden Krautwelt,
Rosige Kukuksblumen Nelkengewächs mit der lat. Bezeichnung Lychnis flos – cucula, azurne Vergismeinnichtwäldchen,
Silberne Lilien des Stroms, goldflammende Krokus, des Spätfrosts
Schneeige Sterne, im Strauch Hyazinthen, des duftenden Maimonds
Glöckchen im bauschenden Sträußern zur Stadt einwandernd am Sonntag,
Bis zur blauäugigen Blüte des völerkbekleidenden Flachshalms,
Und zu der mysthischen Pflanze, gebrochen beim nächtlichen Koko Feuer,
Wann beim Gesange und Tanz, rings flammt von den Hügeln Johanni,
Welche mit Milchsaft kühlet die giftigen Bisse der Otter.

Grause Natur! – kein Berg, eine Augen- und Herzenserweitrer,
   Alles nur zwergig und klein, alles unreifes Gebild;
Nimmer ein Wolkenkoloss mit himmelandräuenden Zacken,
   Nackende Hügel von Sand, schimmelumkrochen Geklipp.
Klappernde Steine und Kies und gräßlich aufspringende Klumpen
   Decken das durstige Feld, brennen die sandige Höh.
Rings auf den Hügeln noch hängt, entwachsen dem tieferen Schlammthal
   Durch die nordische Flut, mancher granitene Block,
Und wo im Baum einst gekahnt blondhaarige Ahnen der Finnen,
   Rodet der zackige Pflug unter dem Enkel den Wald.
Also sprenget der Mensch mit Eisen und Feuers Gewalt kaum
   Felsen, und zwinget den Stein, daß er ihm gebe sein Brod.

Also vertheilte der Sterblichen Mühe der gütige Himmel
Schärfend mit Sorgen den Geist, daß er nimmer erstarr’ in des Schlummers
Dumpfer Betäubung. Nur Arbeit heischet die Erde und Arbeit
Zähmt sie. Trägt sie auch sclavisch, aufdring ihr die Hoffnung der Zukunft!-
– Weit unendliche Stufen, ihr röthlichen Seßel voll Mooskraut!-
Zwar nicht raget ihr ewige Berge des Herrn wie in Schweizland;
Aber doch liebliche Hügel voll weihrauchduftender Kräuter,
Bergend mein Knie, wenn er früher euch röthet mit Strahlen des Sonngolds.
Nicht des Asbests gedenk’ ich, des splittrigen, höhnend die Flammen,
Nicht der reichhaltigen Adern von Eisen und Kupfer und Bleierz,
Nicht des glattrollenden Heerwegs, der Wohllust reisender Schenkel;-
Starrende Klippen, geschwängert mit purpurströmigen Marmor!
Was ihr bescheiden verbergt, spricht selbst die erhabene Kunst aus:
Denn auf eurem Granitkloz herrschet der ewige Peter,
Auf ihm wandelt des Reiches Profil am Ufer der Newa,
Und aus der Wüst’ aufsteiget der Tempel heiliger Prachtbau.
Aber vor allem aufwägt’ aus karelischem Mamor der Meister
Jenes Gebäus Dom die Kathedrale der Mutter Gottes von Kasan am Nevski-Prospekt in Petersburg war zum Enstehungszeitpunkt dieses Gedichtes fast fertiggestellt (Bauzeit 1801-1811), heilig der heiligen Mutter von Kasan,
Schön wie des Donnerers Tempel zu Rom voll erhabener Säulen Anspielung auf die 144 Säulen der Kolonnaden der besagten Kathedrale
Die majestätisch ihr Haupt aufheben aus niedrigen Felsen,
Ueber die Erde empor, hoch über die sterblichen Menschen,
Gleich einer Kaiserkrone ums Haupt sich wand sie der Herrscher,
Und erbaute sie, selbst sein Portal zur Unsterblichkeits Halle;
Denn Jahrtausende stehn sie und werden auch stehn, von der Zeiten
Farb’ unentstellt. Das erhabne Gebäu, bestürzter Entzückung
Schauet der Fremdling, ihn locket der heiligen Chöre Gewalt an.
Vorwelt erscheint’s ihm des Himmels, denn tausend andächtige Thränen
Schwimmen im Kuppelgewölb’ ein Himmel voll brennender Sterne.
Also bezaubert die Welt Jahrtausende Fennia’s Feldstein.

Und des Gewässers nicht denkst du, der trüglich schwemmenden Seeen,
   Welche durchwogen das Land, raubend den Fluren das Korn.
Und des Stroms Catarct, von dem Quell bis zur brausenden Mündung
   Schiff’ unduldend und Floß, Grauen nur wälzend und Tod?
Häßlich entstellen die ewig entsteigenden Nebel den Himmel.
   Wolken mit strotzendem Bauch, über einander gebirgt,
Wirren im Sturme gezückt sich, umnachtend Felsen und Thäler.
   Auch entrüstet noch kämpft immer die Brandung fort,
Als ob Oceanus kaum erst verlassen sein schaumiges Flutbett’.
   Und es malmet der Schwall, donnernd am kiesigen Riff
Unterzutauchen im Sturm sein grauses Klippengemengsel,
   Daß oft strandet verirrt, Brahme und Nachen und Schiff.

Heil den flutenden Strömen, den eisenträchtigen Bächlein,
Einst noch zu Bädern gesucht, voll wankender Kresse und Pralmoos
Und voll strömender Perlen, gefischt im glühenden Hundsmond.
Heil dem allnährenden Wassern voll flossiger Schuppengeschlechter!
Siehe dort flammen im Meer hin die Kähne bei dunkelnder Nachtzeit.
Hoch auf lodert der Klotz, es schlummern die schwebenden Fische
Und es schwingen die harrenden Fischer neptunischen Dreizack.
Tief in das Steinbett rauschet belastet das triefende Zuggarn,
Und in Matten dann führen sie heim breitleibige Braxen,
Barsche, verschlungne Neunaugen und heeringsartigen Strömling,
Dorsch und Sandarten, Forellen und schleimigzartschuppigen Schlammaal,
Goldne Carauschen Moorkarpfen, scharfzahnige Hechte und allerlei Krebsbrut;
Silberne Lachse wohl auch; sie fangen vor allen die Münchlein
Aus dem LadogaklosterAuf der Insel Walaam im Ladogasee befindet sich ein bekanntes orthodoxes Mönchskloster., wohl kühnlich auf schwankendem Phalwerk
Springend im Kymenstrom, durch furchtbarschäumende Fluten.
Heil auch den freundlichen See’n, den blauen Augen des Landes,
Hellaufspiegelnd durch dunkelnde Wälder und binsenumbordet,
Kühlung wehn sie im Sommer und wehren die Seuche der Schwüle
Alle, vor allen die Königin SaimaDer Saimaa-See bildet die größte zusammenhängende Wasserfläche in Finnland und liegt ist Südosten des Landes und enthält über 33.000 Inseln und Schären. mit waldigen Inseln.
Siehst du, am sandigen Berg dort siedelt die Gotteskapelle
Fichtenumschattet, breitbauchig mit schmalauflaufenden Schultern,
(Innen verziert mit Elengeweih, Bärdecken und Schnitzwerk.)
Dorther ruft melancholisch im Nebel der Frühe das Glöcklein
Ueber den See und es schwanket im bauchigen Boote das Landvolk!
Alle doch singen, umflattert von Möven und flüchtigen Tauchern
Laut zu der Ruder Getön die Morgengesänge, und steuern
Sorglos auf blinden Geklipp, und schnaube unbändig der Nord auch
Tief in die Seegel von Matten, sie zählen die Wellen und wolken
Und tieftauchende Fische, ihr Antlitz spiegelnd im Seegrund! –
   Sey mit gegrüßet auch du, der Kraft Bild; donnernder Wooxstrom
Schneegenähret am Pol; dir selbst aufreißend dein Felsthor
Stüzest du hin durch moosige Wüsten, ein schrecklicher Sturmpfeil.
Jeglicher Schritt verwandelt die Scene. Aus klippichten Becken
Tanzen zersplitterte Barken und zackichste Felsen im Schaumschnee.
Weit vor sich hin durch nachtenden Waldung treibet er Wolken,
Strudelt verloren im Röhrengewind jetzt wurzlichten Morasts
Jetzt abtaumelnd von Hange zu Hang, von zackigen Felsen
Aufgestachelt zur Wuth, hin stüzt er in kühlende Hainnacht.
Doch nun würgt er sich vor, auskochend des gährenden Zorns Gluth,
Rascher abwälzend zur Imatraschleusse sein tosendes Schaummmeer.
Ueber die Waldung empor hoch, kündet den Riesen im Rauchthurm
Gleich der Brandbrunst Wolken und Wassersäulen und Sündflut.
Dumpf auf donnert Gebrüll wie von Heerden brüllender Löwen
Tod und Verwüstung rufend ins Ohr der sterblichen Menschen.
Näher doch tritt dem Geheimniß im Nebelgedämmer des Dickichts,
Wo ausgedampfet das Stromblau, tanzen rings gläserne Sterne
Und in dem Wassergewölk aufwirbeln Perlen und Sandstaub.
Sich im zuckenden Kampf rückbebet das stöhnende Ufer
Und es rollen die Kiesel im brausenden Kesselgeklüft wild.
Niedergerissen zum Abgrund im Luftzug kreischet der Habicht,
Und tief zwängt sich gefoltert der Wälder Ruin vor und Leichen
Grausiger Bären und Wölfe. Doch Anmuth paaret das Grauen auch.
Unten wo tanzet der silberne Lachs in vermessenen Bögen
Wallet im moosigen Ufer der Strom wie schneeige Milch hin.
Blühende Inseln d’rin schwimmen mit goldenen blumigen Seegeln.
Farrenkraut nicket vom Strand, tief tauchen die hangenden Birken
Und auf die Zweige wie flockige Woll’ aufschleudert der Strom Schaum.
Weit ist die Wüste erfüllt mit wildharmonischen Tönen
Und wenn der Polfrost lähmet den Stromgang, klingen die Schollen
Feiern wie Glockengeläut und tausend eisige Spiegel
Schleudern zur Sonne empor. In runden Zirkeln gespannt, malt
Iris die brennenden Bogen, ein Feuerwerk über den Fluten,
Zwischen den Menschen und Gott das Zeichen des ewigen Bundes! –
Horch, was spricht sie, die herzlose Flut, zum Herzen des Menschen?
Hallt dir’s im Ohre der Seele? es sträubt sich flatternde Locke,
Nieder will stürzen der Geist mit, empört doch reißt es ihn aufwärts.
Siehe so bricht sich das Leben, es kreuzet in Wirbeln der Wille
Siedet unbändiger Glut, erschöpft sich in eitelem Toben.
Aber im Fluge der Zeit ihm stellet das waltende Schicksal
Ruhig entgegen die felsige Brust; d’ran rädert das Herz sich.
Aber es platzen die Blasen, durch dämmernde Nebel zum Himmel
Steigt er empor, verklärt mit Regenbogen der Seele
Sinkt dann und strömet mit sanftern Wellen, befruchtend die Ufer.  Doch, dort latschet der Bär, der Wüsten grausestes Scheusal
   Misgestaltet und rauh, murrisch aus felsigem Schrund.
Stachlichste Zähn’ ihm knirschen im Rachen. Mit blutigem Scheelblick
   Schleicht er von Strauche zu Strauch, froh des umnebelnden Dunsts,
Trotzend den trüglichen Mooren mit breitausgreifenden Tatzen.
   Eisengeduld ihm stählt, härter im Winter sein Herz.
Läutend harmonisch mit eisigen Zapfen an hangelnden Zotteln
   Tummelt er rasender Brunst voll an der Bärin Brust,
Grausige Liebschaft treibend in zottiger Umarmung der Waldnacht;
   Oder murmelnd im Bart mörderisch blutigen Plan,
Wann ihn aus dumpfigen Schlaf das pickenbewaffnete Dorfvolk
   Scheuchte, steht er und saugt lauernd an schleimiger Klau
Und am Ohre sich zaust er als wolle er waschen den Schädel,
   Quetscht dann am Baume den Feind, drängt in die Picke die Brust,
Bis er im Schnee ungeschlacht sich wälzet, verblutend die Wunden.
   Aber vom Pelzgeschlecht lebend vom Raube und Mord,
Trabet noch manch spitznasiges Unthier, greuliche Seuchen,
   Beinigt blutlechzend und dürr über das Trauergesümpf;
Doch vor allen nur wild wie der Tod und wie Gräber gefräßig
   Allerlei Wolfsbrut. Graß“Graß” = Grasz (so bei Grimm): mhd. heftig, zornig, wütend, wild
(daraus wurde auch volksethymologisch “gräßlich” abgeleitet)
, im grimmigen Trupp,
Wenn sie anreizet im brünstigen Jänner Geblöke der Lämmlein
   Heulet der trockene Schlund, sauset die Mähne imSturm,
Und sie verfolgen den Lachs mit nachtdurchleuchtenden Augn,
   Oft schnurrbärtige Füchs’, oft den verlaufenen Hund
Dann dickwüchsige Elen’s, windschnell, kehrend aus Lappland
   Mit dem Schaufelgeweih, kugeltrotzeden Fells,
Jetzo den buschdurchschlotternden Hasen bangklopfenden Herzens
   Oder hinschleichen sich scheu, hinter den friedlichen Stall
Stürzend ans Euter der Kuh, es abreißend dem wimmernden Saugkalb.
   Wohl auch geätzt von des Grabs fauligem Leichengeruch
Wühlen im Kirchhof tief sie, Entschlafene schleppend im Sarghemd
   Gräßlich über den Zaun, Nachtkost hungriger Brut.
Doch kaum scheucht sie dein Peitschenknall und klirrende Ketten.

Immer hier geben die Götter auch Gutes zum Bösen, zur Schwüle
Kühlung, Wärme zum Frost. Die lebenverwüstenden Thiere
Retten im Tode das menschliche Leben; es schließt sich erwarmend
Eng an die fühlende Brust die Brust des wüthigen Raubthiers,
Und des Brummbärs mörd’rische Tatze wird gastliche Mundkost.
Also reicht uns sein Fell der Räuber des friedlichen Lämmleins,
Reicht der getigerte Luchs, uns reichet das Elen den Balg dar,
Der langdauernd verhüllt Großvätern die Lenden und Enkeln.
Ist’s dir nicht warmwollüstig in nordischer Wintervermummung
Wenn wild stäubet der Norde mit Feuergeflimmer der Eissee
Und dir umhüllet der Fuß der braungezottete Bärsack,
Welchen das Pferd scheut, witternd das Unthier. Wiesel und Marder
Oder der Balg des possierlichen Eichhorns, häufig zur Kriegszeit,
Streichelt die Schultern und zärtlichen Hälslein schlittender Frauen,
Welche der Schleier verhüllt vor der neidischen Sonne des Merzmonds.
Und zu der Kirche hinfahren die finnischen Mütter, ihr Kindlein
Tief einpelzend sein nackend Gebein im röthlichen Schlitten,
Hauchend den Oden der Liebe hin über den frierenden Flachskopf.
Sieh weißgrauslichste Wildschur hüllet den Jäger des Landguts,
Wenn er von Baume zu Baum entathmet hinspringet im Lenzfrost
Während der Urbahn falzet mit schwarzgrünglänzendem Busen.
Unter aufs Eis, in der Grünstrauchhütte auch breitet er Bärhaut,
Lauernd dem Birkhahn, der mit begierdeaufzitternden Federn
Schwanket vom Zweige zum Pulwan; ihm brennet der Kamm in Karminglut
Und in zorniger Wollust pludert der glänzende Fittig
Schwarz und verwirrt und spreitet sich weit zum Kampf mit dem Buhlen.
   Horch in der Hauptstadt pochet im Takt vorrollender Räder
Allerlei Budengeschlecht die Ungeheuer der Wüste,
Prangend in Muffen und Pelzen und Pelzlein, welche die Sitte
Ordnet zu tragen bis aufgebrochen das Eis in der Ostsee,
Daß sie erwärmen den Bauch und hemmen die hämmernde Kopfgicht.

Ach du mahnst an den Frost, an unbändige Wolken des Jänners,
   Wo im Schollengekrach kraus sich der Luftraum krampft.
Flockenlawinen vorrollt der Orkan aus Siberiens Gebirgschlucht
   Und rings nachet nur Nacht, rosenleer rauchet der Ost,
Kalt grellgrause Beschattung werfen der Bäume Gerippe
   Ueber das Leichengewand starrentschlafner Natur,
Todstill trauern die Wüsten es fauchet nur ewiger Polwind
   Und der Rachen des Waldes seufzet nur nächtlich und hohl.
Schaurig und dumpf vorknallen die frostgeborstenen Bäume
   Oder gediegenes Eis heult in der Hunde Geheul.
Nicht mit klappendem Laut mehr redet die Mühle des Thales,
   Denn ihr einsam Rad hemmt der Winter mit Eis
Wie überbauet der Tod das pochende Herz mit dem Grabe.
   Sieh es verkündet alleine jenes verschneiete Dorf
Eine Säule von Rauch rothglimmend von Funken der Spähne
   Und vor der Hausthür starrt nakender Kindlein Schaar,
Oder auch gukt schwarzstaubig ins stürmische Wetter am Rauchloch
   Während der Vater entfernt, hämmernd das rauchende Pferd.
Wundroth offener Brust durchstäubet vom eisigen Schneesturm
   Zugefrornen Augs und mit klingendem Bart
Schlittet die Post, gepeitscht vom säumigverschlafenen Lehnsmann.
   Ach es verschlinget den Pfad oft aufwirbelnd Gestäub
Und erstarret zu Säulenbildern verirrete Wanderer.
   Alles dünket mir rings düsternen Traumes Gestalt.
Streng wie der winternde Frost erscheint mir das menschliche Leben
   Stockend in jeglichem Puls, welkend die Blüten des Süds.
Schwermuth beuget herab die reifigten Häupter des Waldes
   Und wie blaßes Geflock hangen die Sterne herab.
Schauerlich lispeln und heimlich die Lüftchen durch grausige Stille
   Pred’gend ein weiser Greis kalte Vernichtung allein
Und es verbrütet sein Leben der Mensch verpelzt und das Herz bricht
   Früh mit der todten Natur in des Alleinseins Last.
  Nein, blödsüchtigem Aug’ nur erscheinet Ruine der Winter
Und es zieht nur ein ernsterer Geist durch verstummende Welt hin
Gleich der entschlafenen Braut, gehüllet in das Liliengewand der
Unschuld, ruhet die Flur. Die fasrigen Blitze des Vollmonds
Oder die Myriaden lächelnder Augen des Himmels
Stahlen aus heiterer Bläue herab vom ewigen Nordpol.
Sieh dort glimmet die Halle des Wests. Strahlsaugende Wolken
Bauen die Tempelgewölb der glühenden Masse des Sonnballs.
Purpurne Flüsse, wie feuerabfunkelnde Bänder der Wahrheit
Strömen herab, umfassend der Erde ernstes Gewand nur.
Aber es stehen wie feiernde Greise die Tannen der Berghöh
Festaufragenden Haupts, umschlungen von rosigen Kränzen,
Schauend in sinkende Sonne, und rings an den spitzen der Aeste
Hängen crystallene Glöcklein, rein wie des fühlenden Augs Thau
Aus der Frühzeit, geronnen im Froste des Alters zu Demant! –
Wie rings brechen sich Farben der Sonne in magischen Bogen
Feurige Glimmer vorgaukelnd dem Auge im zitternden Lufttanz,
Daß der geblendete Labung sich sucht auf dunkelndem Tanngrün. –
Furchtbarherrlich Scene, wenn sturmgegeisselte Wellen
Uebereinander gethürmt erstarren zu eisigen Schollen
Plötzlich, – ein Chaos von unbekannten Ruinen. Da schreitet
Ueber die schneeigen Schründe der Finne mit lappischem Schneeschuh,
Lauernd dem Seehund, streckend sich hinter dem glänzenden Eisblock; –
Sägt auch eisige Quadern zu kühlenden Tränken des Kellers
Oder durchlöchert das Eis zu ziehn das gewaltige Zugnetz
Voll rothflossiger Fische ein wimmelnd erstarrender Haufe.
Andere glätten die Wege mit dreifach winklichtem Schneepflug,
Und belebet die Oede; hier schlüpft rauchschwanzig das Füchslein,
Krähen tanzen, es hüpft der langöhrige weißhaarige Ramler;
Weithin wimmeln der schamlos schreienden Raben,
Stahlblauglänzender Elstern und schieferfarbiger Dohlen! –
Pickender Spechte Geschlecht vorhackt aus eisiger Rinde
Puppen im grimmigsten Frost, umlaufend die Zäune und Stangen,
Seidenschwänz’, Kreuzschnäbel auch hörst du, buhlend im Jänner,
Finken und goldene Ammern im Sperlingsgetümmel der Tenne,
Dort auch ragen Alleen gehüllet in silbernen Moorglanz
Zeigend die Bahn, zu trotzen dem pfadzustreichenden Sturmwind.
Hier hin sausen des Landguts Schlitten zur dampfenden Theezeit,
Und wo überrindet der See vom schöngemarmelten Eisglas
Klarcrystallen durchsüchtig, hinspielen erschrockene Fischlein
Unter den Kufen; du schwebst abschauend auf schauerndem Abgrund,
Aber es leuchten nach Hause die Sterne, das purpurne Nordlicht
Rosenströmehingiessend im Schnee aus ew’gen Magnetborn,
Mystisch rings tanzen die Tannen und näher umschlinget der Freund nun
Tief in das Pelzlein verhüllt, den zärtlichen Busen der Freundin.
Doch drein klingeln melodisch die eisigen Glöcklein am Roßschweif. 
 Immer nur leben wir doch ja unter dem Bärengesirn hier
   Und der Nacht Herrschergebiet mantelt in Trauer uns ein.
Wild noch stampfet der Regen des Mais die schmutzigen Lappen
   Von dem zerfaserten Kleid blendenden Winterschnee’s.
Scheu nur entfaltet die Knospe sich tückischschneidender Nordluft
   Und oft verschrumfet sie schnell wieder der Blumentyrann.
Trübe nur rauchte im Frühling die Fackel der Lieb’ aus den Sümpfen
   Und das Vöglein klagt zitternd im starrenden Nest.
Zwei Jahreszeiten nur herrschen am Pol, der Winter und der Sommer,
   Kaum glüht dieser empor, frostet der andere schon an.
Ob auch beängstet der Süd und an glühende Felsen anprallt Sol
   Flimmert doch ewiger Schnee noch aus des Waldthals Kluft.
Kaum vorklagt mit verworrenen Quarren ein heißerer Froschchor,
   Als sich am Boden schon müd lagert das rieselnde Laub.
Ach kein silbernes Schaafheer flutet auf trunkenen Triften,
   Aus dem zerissenen Fels rupft nur Gewurzel das Schwein.
Nächtliche Reife und Dürre, die wechselnden Geisseln des Himmels
   Sengen die Haide noch mehr, fäulen das winzige Korn.
Ach, und der Herbst ist gesanglos, die grambesiegende Rebe
   Und obtzeugend Gezweig laben und schatten uns nicht.   Warlich auch unter verschneiten Geklipp tief glüht der Natur Herz
Einsam und still im scheinbaren Tod von grünender Hoffnung.
Dreifach Jubel wenn öffnet der Mai sein himmelblau Aug hier
Und die Thüren bekränzt und die Fenster mit duftendem Birkzweig.
Drei der Stürme, dann berstet das Eis und es toben die Schollen
Und es knallt aus der Tiefe wie dumpfansprechnede Pauken,
In das Gesumm und Gebraus der felsabsprudelndern Ströme.
Dann aus der dumpfigen Brust wie ein Strom vorsteigt ein froh Ach
Und aus der Traufe des Borkdachs fallen die silbernen Thränen
Wie aus dem Barthe des Greises, der Auferstehung sich freuend.
Nahe am Rande des ewigen Schneereichs blühen die Blumen
Siegerisch prangend; es geben die Gräber des Winters den Tod frei
Und es verwandelt die Stunden zu Schöpfungstagen der Sonnball.
Rings erwachen die Glocken; die Weiber mit blühenden Zweigen
Treiben mit sinnigem Spruch und Gechrei zur Weide das Stallvieh,
Daß mit Gebrüll es feire das Fest der brünst’gen Vermählung.
Dumpfaufbrummende Büffel voll Trotz, die lüsterne Milchkuh
mit geschmeidigem Schenkel das Füllen, umnaschende Ziegen,
Stößige Böcklein, bartigen Kinn’s, langwollige Schaafe
Borstige schwein’ am Hals den Triangel, das wühlend den Feldzaun
Keines durchbreche, – auch folget die Heerde unmässiger Gänse.
Übermüthig doch lauern die Kinder heimkehrenden Mägden
Wasser zu stömen auf Scheitel und Nacken! – Siehe die Lerche
Himmelansegelnd zuerst, der purpurbusige Dompfaff
Und weißbauchige Schwalben flattern heran und ein Tonchor
Laut anschwellend nachstürmet aus allen Enden der Erde.
Doch am fernsten vor allen die nordwärts ziehende Eyder
Die in unendlichen Ketten abstürzet zum grünlichen Meergras
Und sich mit Liebe entblößt ausrupfend die flaumige Schneebrust,
Aufzubauen für zärtliche Eilein den wärmenden Neststrand.   O der du südliche Auen geschaut, dich wollte ich führen
Hierher verbundenen Augs, dann plötzlich dir lösen die Binde
Und in welcherlei Land du würdest dich wähnen, wenn weithin
Ruhet die Flur in heiligen Schimmer der Mitternachtssonne,
Wenn im purpurnen Abend verschwamm sanftäugig das Ostroth
Und der unendliche Himmel ein safranfarbiger Teppich
Lichtet zum milderen Tag die Nacht. In spielenden Nebeln
Ruhet der Wald; Zugvögel in perlenfabiger Höhe
Fliehn schwarzpunktig dahin, – wie Blitze durchschießen die Blüten
Feurige Käfer, es blüht auf der Wälle das Nächlein des Mondes,
Und um zwei Uhr schlagen und spielen die Kehlen der Vögel,
Wasserfälle auch läuten darein und Geister und Engel
Steigen in Flammen herab ins Asyl der schweigenden Liebe.  Nein doch! ich laß dich nicht! – in nimmerbesungenen Felsen
   Suchst du dies schmutzige Volk rauherer Brust als ihr Stein?
Sieh im hyperboreischen Kleinwuchs ein knüpplichtes Menschthier
   Ungestaltene Gestalt, lebende Mumie nur,
Eisenrostig gefleckt die zitronenfarbige Wange,
   Häßlich auskreichend Tabak aus den Taschen des Mauls,
Naht dir befremdend, im Blick urahnlich griesgramige Trägheit! –
   Das ist der König der Flur, das ist des Landes Sohn.
Starr wie der Eiszapf scheinet der sinn des böotischen Schwerkopfs;
   Raupiges Einerlei kriechet sein Leben dahin.
Wild um die Furchen der Stirn ihm hängen ölfarbige Zotten
   Und aus dem eckigen Kinn, durch absterbenden Bart
Tönen accentlosklagend die Trauervokale der Sprache.
   Also prägt ihn Natur rauh mit der Häßlichkeit Fluch.
Hu! mir schaudert der Hütten, den Ritzen entwirbelt der Rauchschwal,
   Fels ist der Stubengrund nur, nackt darauf schnarchet das Kind
Zwischen Gefieder und Schweinen und allerlei blättrigem Kuhmist;
   Aber den Balken enttropft nächtlich der Tarakan
Oder die blutige Wanze. Mit hottentottischen Lumpen
   Sitzen so alle umhüllt kraftlos wie Schatten und stumm,
Oder grinzen verzerrt vor finster zur Sonne duch’s Kriechloch.

Wol auf der Stirn, forterbend im Säugling ruhet der Kummer
Und der Hüttenrauch lockt in die augen wol bitteren Thränenquell,
Aber auch Redlichkeit blickt, es blickt auch Ergebung vom Antlitz,
Siehe da stehn kurzathmig die langausdauernden Greise
Von dem Sirocco gedörret der Rödung in stiller Gebücktheit,
Dumpfaussprechend mühevoll Beschränktheit und Plagen des Himmels
Und aus dem Leib vortritt der geängsteten Seele Geberde.
Sieh grobfadig das Hemd am Zaunpfahl neben dem Badhaus,
Wer ach zählet die Tropfen vom angstschweiß, die es getrocknet?
Aengstlich wol fried’gen mit Stangen sie ein ihr winziges Steinfeld,
Siehe es fehlet dem Vieh im unendlichen Winter an Futter
Und in Schwaden verfaulet ihr Korn, daß sie enden die Frohnzeit,
Als daß hungrig sie nagen die innere rinde des Birkbaums.
Aber noch gastlich in Armuth, sammeln sie Beeren des Waldthals
Und von der einzigen Kuh Milch, freundlich sie bietend dem Wanderer.
Wähne nicht träg die Gedrückten, wenn dort sie bei kärglichem Mahle
Fallen ermüdet im Moore des thränenlos gierigen Gutsherrn,
Wo sie die zehrende Luft, der Schimmel der gährenden Nässe
Tückisch straft sie mit Scorbut, sie rüttelt mit keuchendem Husten
Komm mit zur würfelförmigen Hütte beschattet vom Tannbaum,
Welchen die Axt mit heiliger Furcht schon schont ein Jahrhundert.
Schön wol nicht können sie sein, doch heimlich einladend die Hüttlein,
Und wer menschliches fremd sich nicht fühlt und Lieb’ in der Brust hegt,
Findet ein gastliches Volk in patriarchalischer Einfalt.
Horch da schnurren die Räder voll seidenartigen Flachses;
Singend bei nächtlicher Spul’ abhaspeln die Vliesse der Lämmer
Weiblein, nicht unkundig des Webens, zur Hülle armseel’ger
Schiffer! Mädchen wol schaukeln den hölzernen Spiegel der Wiege
Und er verlieset andächtig die Bibel der Vater beim Spanlicht;
(Denn schriftkundig sind all’,) die andern flechten die Basteln,
Sricken das maschige Netz und bänd’gen das störrige Krummholz,
Andre noch schnitzen sich allerlei Küchengeräthe vom Birkstamm;
Aber es schmettern die Halme der Tenne unsträfliche Drescher,
Doch rauhfröhlich entzückt sie zur selbstgezimmerten Geige
Hartaufstampfender Tanz auch, und frei vom umschliessenden Mieder
Hüpfen die Schwestern des Nords, Stutznäschen blauäugige Blondlings.
Unter dem hasengraulichtem Wattmann wallet der Brüste
Reichliche Fülle, es woget das Haar voll farbiger Bänder
Schulterabflatternd, hoch brennen die frostfrischeten Wangen.
Doch rings stehn starkwadige Weiber mit pappenen Binden
Ueber der Stirn, voll Tressen und pyramidalischen Mützen.
Sieh wie sie ziehn in unendlichen Reihen zur Kirche und Hochzeit
Reinlich geschmückt, weitglänzend im Sonnschein, seitwärts im Sattel
Männer und Weiblein zugleich; doch nebenher trotten die Füllen! –
Heil dir du glückliches Volk! noch trägst du im russischen Kleide
Tief in der bäurischen Brust die reinen Sitten der Unschuld
Wie frisch fallender Waldschnee. Keine durchziehenden Vöker
Senkten ihr Gift dir ins Herz. Noch schümücket euch heilige Einfalt.
Wie in die Flocken des Winters sich länger verhüllet ihr Mai hier
Also ihr Geist auch, eh’ er sich hebet im Frühlingsgefühl auf.
Horch und Orakel reden die späthin lebenden Tannen
Daß bald heller es wird und die Rind’ im sibirischen Eis springt.
Noch liegt wolkig der Nebel des Moors dem Himmel zu Füssen.
Aber wie schönere Hoffnung wandelt der Mond auf der Schneeflur
Und aus der Nacht vortritt in das menschliche Auge die Sonne.
Gern vermengst du den göttlichen Geist mit der Scholle des Pollands,
Welcher doch ewig und frei Elemente und Zeiten verhöhnet.
Glaube mir warlich, das Herz das da schaut in den schäumenden Wooxstrom
Fühlet Liebe und Gott wie das Herz am Ufer der Elbe.
Wol in den sand tief rauschet der Sarg, doch haben auf Felsen
Fest sie gegründet den Glauben an den, vor dem in das Moos hin
Sinket ihr Knie, der ihr Lamm einhüllet in wärmende Wolle
Wie im Schnee ihre Flur und der nicht unfreundlich, ein Gutsherr
Höhnet die Bitten der Angst, an ihn, an ihn Jumala Gott.

Ach an den frostigen Herzen hier reifst sich das heißere blutig
   Wie warmklebend die Hand, von dem gefrornen Metall!
Nur der Nordwind streifet die Thräne, daß sie gefriert kalt
   Und zeigt südlich die Bahn, bald zurück noch zu fliehn.
Hier im Stillen erkranket das Leben. Die Augen der Menschen
   Flimmen nur bleich und matt, Todtenlampen der Gruft.
Alle die Stürme, welche abbeugen die Kronen der Forsten
   Hemmen den Flug des Gemüths, hüllen in Schwermuth es ein,
Nimmer hier fühlen ja kann man, noch heilen die Wunden des Herzens
   Starr, gefühllos und kalt, klopft nur die steinerne Brust.
Ist mir’s als hört’ ich doch Seufzer der trauernden Seel’ in der Wildniß
   Und rings säh’ ich das Grab schönerer Heimath nur hier.
Ha es verwehet der Sommer, aufrauschen die ziehenden Vögel,
   Ziehen zur milderen Luft, ziehen zum heimischen Land;
Ach und es will sich mein Herz nachheben den eilenden Schwingen,
   Aber ins winternde Land sinkt es gebrochen zurück.

Freunde, Brüder, welche ich liebe, Söhne Thuiskons
Glüht uns das Herz noch in Feuerbegeistrung der südlichen Erde,
O von dem Südstamm tropfen wir nieder dann heiliger Saame
Wurzelnd im Nord. Unendlich wuchern die goldenen Zweige
Ahndend sehnlicher Drang zu schöneren Auen entlockt die
Blüten; zum Tag und zur Sonne empor durch böotische Nebel
Treiben die ewigen Früchte, im Kampfe mit Sturm und Naturtod.
Und wenn die Nacht hochheilig mit Sternmyriaden emporsteigt
Ewige Zeugen, daß jenseits der  N ä c h t e  ein ewiges  L i c h t  wohnt,
Und mir Orion dort winkt und mein Aug’ erbebet in Andacht, –
O dann scheint auch die Nordwelt Traum mir der göttlichen Zukunft
Und ich press’ euch ans Herz, ihr Brüder, welche ich liebe,
Söhne Thuiskons und Fennia’s Enkel, Ruthenia’s Hoffnung,
Hebend euch mit mir empor zu den Welten des heiligen Lichtreichs.
Laßt uns vergessen des Sandes am Fuß. Vom Nord bis zum Südpol
Sei’s in Lapponia’s Eisflur, oder am Indus im Plmhain,
Weht gleichheiliger Oden der Menscheit. Ein Vaterland ist nur
Unser – die  W e l t, zwei Kronen des Daseins,  T u g e n d  und  W e i s h e i t.
Krönen sie uns, auch uns des Nordballs würdige Söhne,
O laß schwanken dahin dann die Särge auf tannenen Nadeln,
Und den Hügel von Schnee still schwärzliche Fichten umsäumen.
Friedlich deutet die Gruft und die Ruhe des Kampfes ein Holzkreuz
Hoch auf dem Sandberg, wenn wir schlummern vereint in Gesteinnacht.
Still hin ziehen die Jahre die Wolken hin über die Hügel
Und es verklärt sie mit mitternächtlichen Rosen das Nordlicht.
Aber Unsterblichkeit singen Germanias Vöglein im Frühling
Und aus der Nacht empor aufjauchzen wie lodernde Flammen
Geister der Urne, verklärt, verklärend die Nächte der Nachwelt.